Abtauchen in die Tiefen Gran Canarias

Gran Canaria bietet zahlreiche Spots, die dazu einladen, beim Tauchen und Schnorcheln die Biodiversität und Schönheit des Meeresgrundes zu entdecken.

Unter Wasser fliegen! Ist das möglich? Ein Bewohner des Meeresgrundes von Gran Canaria beweist es: Im absoluten Einklang, wie in Zeitlupe, gleitet er wie ein Schmetterling geschmeidig durch den Ozean. Die anmutige Eleganz dieser Rochenart ist aber nicht die einzige wundervolle Überraschung, die denjenigen erwartet, der in die Tiefen der Insel eintaucht.

Alles scheint auf dem Weg vom Festland in den Atlantik ineinander überzugehen und miteinander zu verschmelzen. Und tatsächlich gibt es selbst in den Meerestiefen Gran Canarias Wolken! Hier werden sie vom silbernen und goldenen Funkeln der Grunzer und Marmorbrassen erleuchtet, Fische, die geduldig in nächster Nähe posieren, wenn sie auf ihre respektvollen Besucher treffen, die sich an die Gesetze der Unterwasserwelt halten.

Die 230 Kilometer Küstenlinie, die die Silhouette Gran Canarias bestimmen, bieten bei rund 18 Grad im Winter und ansonsten etwa 24 Grad an zahlreichen Spots ideale Tauchbedingungen für Anfänger, Fortgeschrittene und Profis. Es ist also ganz einfach, das blaue Universum auf Tauchgängen zu erkunden, die direkt an Schiffsanlegern starten, an Buchten oder einer Strandpromenade, deren Häuser so bunt sind wie die Fische, die sich vor der Küste tummeln.   

Gerätetauchen

Auf Gran Canaria haben sich zudem zahlreiche professionelle Tauchclubs und -schulen niedergelassen. Mit ihnen ist es möglich, die eindrucksvolle Unterwasserwelt zu entdecken, die sich durch eine einzigartige Biodiversität, unzählige endemische Arten und bizarre Gesteinsformationen auszeichnet, die es nur in Regionen vulkanischen Ursprungs geben kann.

Die Türen, die aus dieser Welt in eine ganz andere führen, sind zahlreich auf Gran Canaria.  Einige der interessantesten Spots zum Schnorcheln, die dank Treffen aller Vorsichtsmaßnahmen auch zu den sichersten gehören, sind direkt von Land aus leicht zugänglich. Dazu gehören u. a. Taliarte, Playa de Cabrón und Risco Verde im Südosten sowie Caleta Baja, Sardina de Gáldar, Las Merinas de Agaete und Las Canteras im Inselnorden.

Das Abenteuer kann nur wenige Meter vom kleinen Anleger entfernt beginnen, wo Fischerboote tagein, tagaus an- und ablegen, zum Beispiel in der ruhigen Bucht zwischen dem Hafen von Taliarte und dem Strand von Melenara. Eine felsige Plattform breitet sich wie ein roter Teppich vor dem Riff mit seiner eigenen Seegraswiese aus. Nahrung und Unterschlupf bietet sie u. a. Goldstriemenbrassen, Papageienfischen, Lippfischen und Ährenfischen, deren Schwärme einem Regenbogen in ständiger Bewegung gleichen.

Baja de Taliarte

Auch Kraken und Seespinnen nehmen an diesem Schauspiel teil, das Tag für Tag neu inszeniert und scheinbar von Neptun dirigiert wird, dessen Bronzestatue in nächster Nähe die gesamte Bucht beherrscht. Der Tauchspot ist nicht nur für Anfänger geeignet, sondern auch optimal  zum Schnorcheln und vor allem nachts besonders reizvoll, denn dann gesellen sich zum Schauspiel auch Krebstiere wie Kleine Bärenkrebse, Pferdeaktinien und mit ein bisschen Glück sogar Tintenfische, die aus den Tiefen des Ozeans aufsteigen, um auf Nahrungssuche zu gehen.

Die Vielfalt der Landschaften auf Gran Canaria setzt sich auch unter Wasser fort. Der Strand von El Cabrón ist eine der schönsten Seiten in diesem Buch, das in blauer Tinte geschriebenen wurde. Das Riff ist eine wahrhaftige Stadt unter Wasser, gespickt von Höhlen im Fels, in denen Muränen, Umberfische in ihren weiß gesprenkelten Trachten, schillernde Großaugenbarsche und Dunkle Gabeldorsche Unterschlupf suchen, während sich auf dem sandigen Meeresboden Rot- und Streifenbarben tummeln. Beim durchdringenden Blick der Zackenbarsche und wie aus dem Nichts auftauchenden Barrakudas und Großen Bernsteinmakrelen hat man wirklich das Gefühl, den Herzschlag der Ozeane zu spüren.

Und auf einmal durchquert ein blauer Blitz das kristalline Wasser von Risco Verde im äußersten Norden des Strandes von Arinaga. Es ist ein Riffbarsch, ein kleiner Fisch, der sein Revier aber vehement verteidigt. Seine Augen, die im Verhältnis zum restlichen Körper riesig sind, scheinen eine Mischung aus prüfendem und herausforderndem Blick auszudrücken. Kanarische Viejas, die zu den Papageienfischen gehören, sind innig mit dem Knabbern an den Felsen beschäftigt, an denen sich Algen und Krebstiere festkrallen: Dieser Leckerbissen ist der Grund, weshalb sie als wahrhaftige Delikatesse gelten. Jeder Bissen bedeutet ein erneutes Eintauchen. Übrigens gibt es bis heute noch einige Fischer, die an ihren Angeln ein entsprechend bearbeitetes Ziegenhorn befestigen, um sie zu fangen. Wenn sich die Nacht langsam über die unendlichen Tiefen des Ozeans legt, ist es Zeit für die Engelhaie, die sich hier beim Rauschen der Wellen bis an die Oberfläche wagen.

Playa de Cabrón

Von der Küstenspitze von Maspalomas bis Puerto de las Nieves in Agaete erstreckt sich das 35.000 Hektar große marine Biosphärenreservat Gran Canarias mit seinen Unterwasserschätzen. Einen Teil dieses Reichtums kann man schon vor den Stränden im Süden Gran Canarias mit Taucherbrille und Schnorchel entdecken; oder man lässt sich von Experten eines darauf spezialisierten Unternehmens vor Ort begleiten.

Das Blau des Himmels und des Atlantischen Ozeans scheinen miteinander zu verschmelzen im Süden Gran Canarias, wo versunkene Schiffe am Meeresgrund ruhen und ein Festival ganz besonderer Art veranstalten. So das Wrack des ehemaligen Fischerbootes Cermona II und das des einstigen Ausflusgsbootes Meteor II. Hier entsteht neues Leben auf Ruinen der Vergangenheit. An der Baja de Pasito Blanco spiegelt sich das Bild filigraner seidener Palmen wider, die mit der Meeresströmung hin- und herwiegen und die tiefgründige Poesie des Meeres zum Ausdruck bringen. 

Diese geheimnisumwobenen Orte voller Leben sind nur per Boot erreichbar und dank der Erfahrung spezialisierter Unternehmen ist ein unvergessliches Erlebnis nicht nur hier gewiss, sondern auch am künstlichen Riff von Arguineguín. Auf dem sandigen Grund dieses kleinen Atlantis strecken ganze Kolonien Atlantischer Röhrenaale ihre länglichen Körper aus den Löchern, wie Periskope, die uns aus den Tiefen dieses Licht- und Schattenreiches zu überwachen scheinen.

In Agaete bei Las Merinas, direkt am Fuße des Naturdenkmals Dedo de Dios, dem „Finger Gottes“ - Felsformation, die 2005 einem Unwetter zum Opfer fiel -, haben ein paar Felsen eine Unterwasserstadt geschaffen, die zahlreichen Korallen, großen Seeanemonen und Putzergarnelen ein Zuhause bietet.

Arinaga

An der Nordküste von Gran Canaria bietet sich in der als Caleta Baja bekannten Bucht schließlich die Möglichkeit, durch riesige Schwärme von Bastardmakrelen oder neben Riesenmantas zu schwimmen. Ganz in der Nähe, in Sardina, kann man nach ein paar Treppenstufen des Kais direkt die Reise durch die Unterwasserwelt in dieser vor Wind und Wetter geschützt liegenden Bucht beginnen. Das wissen auch die Seepferdchen, Engelhaie, Achtstreifengrunzer, Schwämme, Gelbstriemenbrassen und Barrakudas nur zu gut.

An ihrer diffusen Grenzlinie scheinen Land und Meer zeitweise vollständig ineinander überzugehen. In Las Palmas de Gran Canaria ist das schon mehr als einmal vorgekommen. Die Kathedrale Santa Ana und andere bedeutende Gebäude der Stadt wurden aus Material errichtet, das am als La Barra bekannten Felsenriff vor dem Las-Canarias-Strand abgebaut wurde. Das über zwei Kilometer lange Riff rund zweihundert Meter vor der Küste macht es möglich, dass das vielfältige marine Unterwasserleben praktisch schon mit bloßem Auge sichtbar ist, hier, am Las Canteras vor einer großartigen Stadt, die sich im Ozean widerspiegelt wie zum Beispiel an der Baja Fernando in der als Bahía del Confital bekannten Bucht, die sich im Schatten der Vulkane erstreckt.

Doch schon sehr viel früher als die Stadt hat sich die Natur selbst ihre eigene Kathedrale geschaffen. Diesen Namen erhielt eine Unterwasserfelsformation unweit der Küste, die per Boot in wenigen Minuten erreichbar ist. Der Tauchgang beginnt an der Öffnung einer Höhle, die sich sodann in ein Wirrwarr aus Gewölben, Tunneln und kleineren Höhlen verästelt, die von Seeigeln, Garnelen, Gelbstriemenbrassen, Ährenfischen und Sägebarschen bewohnt werden. Dieser Tempel im Atlantik stellt außerdem eine perfekte Plattform zur Beobachtung vorbeiziehender pelagischer Fischen dar; darunter Große Bernsteinmakrelen und Barrakudas, die stets das Echo der sieben Weltmeere in sich tragen, um es an den Wänden dieser Kathedrale ohne Glockenturm widerhallen zu lassen.